Projektvorstellung 

Ziele, Konzeption, Mitarbeit, Ansprechpartner
Die Diskussion über die Ursachen aktueller Trends in der globalen Klimaentwicklung hat spätestens seit Mitte der 1970er Jahre zu einem wachsenden öffentlichen Interesse an Fragen des historischen Klimaverlaufs und seiner Folgen für die agrarisch geprägte, vormoderne Gesellschaft geführt. Wetter und Witterung waren nicht nur von Wichtigkeit für die Terminierung landwirtschaftlicher Arbeiten, sie bestimmte unter anderem die Auswahl der angebauten Feldfrüchte und hatten einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Höhe der Erträge. Abgesehen von diesen in erster Linie (land-) wirtschaftlichen Implikationen führten wetterbedingte Missernten zu Versorgungs-, Teuerungs-, Hunger-, Verschuldungs- und Mortalitätskrisen. Langfristige Klimaverschlechterungen wie beispielsweise die als „Kleine Eiszeit“ bezeichnete Abkühlungsphase Ende des 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts hatten tiefgreifende gesellschaftliche Verwerfungen zur Folge, wie vorliegende Arbeiten zur historischen Klimatologie belegen.
 
 
Matthias Weetes "Hessischer Schreib- Märckte- und Chronicken-Calender" für das Jahr 1695 mit "Muhtmassungen zum Gewitter".
Links Titelblatt und rechts Kalendarium für den Monat Januar mit Wettervorhersagen. Pfarramt Altenhasungen.
  

Der Überzeugung folgend, dass Klima keine Grenzen kennt, galt das Interesse in den letzten Jahren vor allem der Klimaentwicklung Europas. Gleichwohl stellt sich die Frage, welchen Wert globale Aussagen zum Klimaverlauf für den lokalen Kontext besitzen. Insbesondere das enge Nebeneinander unterschiedlichster Naturräume mit spezifischem Kleinklima, wie es für die hessische Landschaft charakteristisch ist, unterstreicht die Notwendigkeit einer Untersuchung des Wetter- und Witterungsgeschehens auf lokaler bzw. regionaler Ebene. Gerade für Hessen aber sind wetter- und klimageschichtliche Studien Mangelware.

Hier setzt wettergeschichte-hessen an. Ziel ist es, klimageschichtlich relevante Informationen für das Land Hessen und angrenzende Regionen wie Rheinhessen oder das Rheinland zu sammeln und in einer Datenbank über das Internet für Lehre und Forschung zugänglich zu machen. Bearbeitungszeitraum ist die Zeit vom Geburtsjahr der Landgrafschaft Hessen 1247 bis zum Beginn der ersten standardisierten Instrumentenaufzeichnungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Bericht aus der Schulchronik von Thalitter über ein Hagelunwetter am Tag vor Pfingsten 1888.
  

In die Datenbank aufgenommen werden primäre und sekundäre Wetterinformationen, also deskriptive Wetteraufzeichnungen (heißer Sommer, kalter Frühling, nasser Herbst, milder Winter, eine Woche Regen etc.), Temperaturangaben, Niederschlagsmengen, Hinweise auf Wetterextreme (Stürme, Hagelschauer, Starkregen, Spätfröste), Angaben zu Winteranfang und Winterende bzw. Frostbeginn und Frostende, Informationen über Flusspegelstände und Überschwemmungen, zugefrorene Flüsse und Seen oder auch Angaben zu Aussaat- und Ernteterminen. Informationsgrundlage bilden sowohl unveröffentlichte als auch edierte Quellen sowie historische Veröffentlichungen.

Perspektivisch sollte es möglich sein, auf der Basis einer breiten Sammlung lokaler Wetterinformationen sowie durch die Verknüpfung verschiedenster Quellen, ein aussagekräftiges Bild über Wetteranomalien, Witterungslagen und Klimaverläufe in bestimmten Räumen zu bestimmten Zeiten zu geben, sowie Wetter, Witterung und Klima mit menschlichem Handeln in kausale und prozessuale Bezüge zu setzen.

 

                    

Wolkenformen (Abbildungen aus: Landwirtschaftliche Zeitung für Kurhessen, 4/1849)
  

Hinweise zur Mitarbeit an wettergeschichte-hessen

Wetterinformationen finden sich in den verschiedensten Quellen wie Chroniken, Tagebüchern, Briefen, Itineraren, Kirchenbüchern, Rechnungen, Protokollen, Landesordnungen, Grenzbegehungen, Gesuchen um Pachtnachlass, Zunft- und Gewerbeordnungen, Klosterbüchern. Da eine gezielte Suche in vielen dieser Quellen kaum möglich ist, strebt das Projekt zum Zweck einer möglichst umfangreichen Datensammlung die Kooperation mit Landeshistorikern, Heimatforschern, Lokalhistorikern und geschichtswissenschaftlich oder klimageographisch interessierten Laien an. Sollten Sie Wetterinformationen beitragen wollen, kontaktieren Sie bitte Herrn Dr. Jochen Ebert.